Die realen thermodynamischen Zustandsänderungen sind von zahlreichen Irreversibilitäten gekennzeichnet, die beispielsweise durch die Reibung innerhalb der Strömung, der Strömung an den Wänden usw. auftreten. Hinzu kommen nichtquasistationäre Abläufe beispielsweise beim Füllen oder Entleeren der Arbeitsräume mit dem Arbeitsstoff durch das Öffnen und Schließen von Ventilen in endlichen Zeiträumen, durch die Steuerung von Verbrennungsvorgängen usw. Es ist deshalb sinnvoll z. B. die tatsächliche Verdichterarbeit der Arbeit einer verlustfreien Zustandsänderung gegenüberzustellen, um die realen Prozessverluste bewerten zu können.
Als technisch relevante, reversible Zustandsänderungen des idealen Gases mit konstanter Wärmekapazität werden üblicherweise betrachtet:
- isobare Zustandsänderungen
- isotherme Zustandsänderungen
- isochore Zustandsänderungen
- isentrope Zustandsänderungen
- polytrope Zustandsänderungen.
Während die erstgenannten Zustandsänderungen aufgrund ihres jeweiligen Merkmals sofort verständlich sind, kann man die polytrope Zustandsänderung quasi als "Kunstprodukt" ansehen, mit dessen Hilfe man alle vorgenannten Änderungen formal einheitlich beschreiben kann. Die Bedeutung der polytropen Zustandsänderung ist aber umfassender, da mit dieser Darstellung durchaus technisch relevante Verläufe approximiert werden können. So beispielsweise Gasverdichtungen, die durch geringen Wärmeaustausch mit der Umgebung weder adiabat noch isotherm sind. Mit einem entsprechenden Polytropenexponenten n kann die Realität gut nachgebildet werden.
Selbstverständlich können auch mehrere hintereinander ablaufende Zustandsänderungen zusammengefasst und mit einem Idealprozess verglichen werden, z. B. wenn der optimale Druck zur Zwischenkühlung bei der mehrstufigen Gasverdichtung zu ermitteln ist.
Von besonderer Bedeutung sind thermodynamische Prozesse, die nach mehreren Einzelvorgängen wieder zum Prozessanfang gelangen. Es handelt sich hierbei um sogenannte Kreisprozesse. Auch diese realen Prozesse werden häufig durch eine Reihung reversibler Zustandsänderungen in den jeweils typischen Aggregaten nachgebildet. Man bezeichnet diese als Vergleichsprozesse oder Modellprozesse.
Sie können auch zum Aufsuchen optimaler Betriebsparameter eingesetzt werden. So hängt der Wirkungsgrad einer Gasturbinenanlage maßgeblich von der Prozessführung und der maximalen Temperatur innerhalb des Kreisprozesses ab. Diese Einflüsse können mit Hilfe eines Vergleichsprozesses recht gut abgeschätzt und dem Aufwand technischer Veränderungen gegenübergestellt werden.
Bei Änderungen der Prozessführung ist man stets bestrebt, sich dem Carnotwirkungsgrad anzunähern. Man spricht dann auch von einer Carnotisierung des Kreisprozesses. Bei derartigen Untersuchungen und Effizienzabschätzungen sind die Modellprozesse sehr hilfreich.
Für typische Kreisprozesse wurden deshalb zugehörige Vergleichsprozesse entwickelt. Häufig sind diese nach ihrem Erfinder oder verdienstvollen Wissenschaftlern benannt, z. B.:
- Ackeret-Keller-Prozess und der Joule-Prozess zur Nachbildung von Gasturbinenanlagen
- Seiliger-Prozess zur Nachbildung von Verbrennungsmotoren (Diesel- und Ottomotoren).
Zur Berechnung der Zustandsänderungen wurde ein Rechenprogramm mit flexibler Prozessnachbildung entwickelt.
Außerdem sind eine umfangreiche Beschreibung und ein Testbeispiel verfügbar.
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